Stadt Aachen / Christian van Thoen
Zukunftsfähige Mobilität im Bürger*innenrat
Mobilität betrifft uns alle – egal ob wir mit dem Auto fahren, zu Fuß gehen, das Fahrrad nutzen oder Bus und Bahn. Deshalb ist es so wichtig, dass viele Stimmen gehört werden. Der Bürger*innenrat beschäftigte sich über den Sommer 2025 genau mit diesen Themen und steht dabei für eine lebendige Demokratie: offen, respektvoll und gemeinschaftlich.
Auto Fahrrad ÖPNV
Die 56 zufällig ausgelosten Bürger*innen beschäftigten sich im Sommer 2025 mit Mobilität in Aachen. Das Ziel dieser Aktion: Ideen entwickeln, wie Mobilität in Aachen künftig ausgewogener, gerechter und lebensnah gestaltet werden kann. Unterstützt wurde der Prozess durch ein erfahrenes Moderationsteam und Fachleute aus der Stadtverwaltung.
In seinem Abschlussgutachten macht das Gremium neun konkrete Vorschläge zur Verbesserung. Diese fließen nun in den politischen Entscheidungsprozess ein. Der Rat hatte die Frage zu beantworten, wie eine „ausgewogene Mobilität” im Straßenverkehr möglich sein kann. Am 7. Oktober 2025 hat der Bürger*innenrat die Ergebnisse seiner Beratungen in Form eines Gutachtens im Bürgerforum vorgestellt. Insgesamt enthält dieses Gutachten neun konkrete Empfehlungen zu folgenden Themengebieten:
ÖPNV
Gleich drei Vorschläge macht der Bürger*innenrat mit Blick auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Grundsätzlich soll der ÖPNV nachhaltig attraktiv und effizient gestaltet werden. Zum Beispiel sollen die Park+Ride-Plätze besser an den ÖPNV angebunden werden. „Nur ein effizienter ÖPNV bewegt zum Umstieg“, hieß es. Darüber hinaus sollen die Haltestellen durch flächendeckende, autonome, solarbetriebene Echtzeitanzeigetafeln verbessert werden. Zudem sollen an zentralen Haltestellen sowie in den Bussen Bezahlautomaten auch mit einer Barzahlungsfunktion eingerichtet werden, der Bezahlvorgang soll nicht mehr beim Fahrpersonal stattfinden. Auch soll es mehr Einbuchtungen für Haltestellen geben, um diese aus dem Straßenraum zu nehmen. Das barrierefreie Einsteigen in die Busse muss an allen Haltestellen möglich sein. Schließlich soll in Aachen ein kostenloser ÖPNV für Transferleistungsempfänger, Kinder, Auszubildende und Menschen mit Behinderung eingeführt werden.
Neustrukturierter Parkraum
Der Bürger*innenrat hat sich auch mit der Frage beschäftigt, wie der Parkraum in der Stadt neu strukturiert werden könnte. Dahinter steckt der Gedanke, dass der öffentliche Raum in der Stadt ein hohes Gemeinschaftsgut ist. Es gehe also darum, Lebensraum zurückzugewinnen, um die Attraktivität für Bewohnende, Besucher*innen und den Handel zu erhöhen. Vorhandener Parkraum soll besser als bisher genutzt werden. So sollen die Flächen privater Parkhäuser, der Hochschulen oder der Supermärkte nachts und auch an Sonn- und Feiertagen für alle offen stehen. Auf bestehenden Parkplätzen sollen Parkhäuser gebaut werden, die unter anderem als Quartiersparkplätze genutzt werden können.
App und Digitaler Zwilling
Auch die Digitalisierung spielte bei den Debatten im Bürger*innenrat eine Rolle. Der Rat macht dazu zwei Vorschläge. So soll die Stadt eine interaktive, intuitiv bedienbare, barrierefreie und mehrsprachige Mobilitätsapp anschaffen oder einrichten. Viele der geforderten Funktionen (Parkleitsystem, ÖPNV-Anzeige, Baustellenoption) finden sich bereits auf dem städtischen Mobilitätsdashboard unter verkehr.aachen.de im Internet. Allerdings sind sie noch nicht für eine komfortable Nutzung auf mobilen Endgeräten in Form einer App verfügbar.
Um die Baustellenkoordination zu verbessern, soll die Stadt zudem den Ausbau und die Nutzung eines digitalen Zwillings massiv vorantreiben. Ein digitaler Zwilling hilft, sich von der vorhandenen Infrastruktur vor allem unter der Straßenoberfläche vor dem Beginn von Bauarbeiten zu verschaffen. Bürger*innen sollen den digitalen Zwilling auch nutzen können, um für mehr Transparenz zu sorgen.
Fahrradampeln und Tempo 30
Darüber hinaus empfiehlt der Bürgerrat, flächendeckend Fahrradampeln einzuführen. Sie sind so geschaltet, dass die Radfahrenden vor dem Auto grün bekommen. Dadurch lasse sich die Sicherheit von Radfahrer*innen erhöhen, sind die Mitglieder des Bürger*innenrats überzeugt.
Schließlich soll dort, wo getrennte Auto- und Fahrradwege nicht möglich sind, die Verkehrsgeschwindigkeit grundsätzlich auf Tempo 30 reduziert werden. Bei Fahrten am Berg sollen die Fahrradwege asymmetrisch gestaltet werden. Das heißt, dass es bergauf getrennte getrennten Auto- und Radspuren gibt, bergab aber eine gemeinsame Spur, auf denen große Rad-Piktogramme markiert sind. Die Angleichung der Geschwindigkeiten soll ebenfalls zu mehr Sicherheit für Radfahrende führen.
Verkehrsmaskottchen
Die Comicfigur Karl der Kleine des Aachener Autors Alfred Neuwald soll in Aachen als Verkehrsmaskottchen eingeführt werden und in Kampagnen für mehr Verkehrssicherheit und Rücksichtnahme – etwa am Schulstart, bei Ferienbeginn oder während des Aachener Weihnachtsmarkts – für eine verbesserte und freundliche Kommunikation sorgen.
Wie geht es weiter?
Der Rat wird das Gutachten in seiner Sitzung am 17. Dezember 2025 offiziell entgegennehmen und über die Empfehlungen beraten. Anschließend werden sie zur weiteren Auseinandersetzung an die zuständigen Fachausschüsse überwiesen, fließen also in den politischen Beratungsprozess ein.
Aktiv, partizipativ, freiwillig
Der Bürger*innenrat ein wichtiges Instrument, um Bürger*innen, für eine partizipative Stadtgesellschaft aktiv in politische Prozesse einzubeziehen. Als ständige, institutionalisierte Einrichtung geht das Gremium weit über ein Diskussionsforum hinaus. Durch die Diskussion zwischen ganz unterschiedlichen Menschen, erfolgt ein spannender Perspektivwechsel. Gemeinsam und unterstützt von Expert*innen werden Empfehlungen erarbeitet und ein Bürger*innengutachten verfasst, welches der Politik zur Entscheidung vorgelegt wird. Politik und Verwaltung erhalten so eine unmittelbare Empfehlung aus der Bürgerschaft. Die Mitglieder des Bürger*innenrates werden jedes Jahr neu bestimmt. Neben der Möglichkeit, die eigene Stadt mitzugestalten, eigene Ideen und Perspektiven einzubringen und mit anderen zu diskutieren, erhalten die Teilnehmenden auch eine Aufwandsentschädigung.
Weitere Informationen zum Bürger*innenrat: www.aachen.de/buerger_innenrat.